Die Geschichte um den geldgierigen Ebenezer Scrooge, der es am Weihnachtsabend mit drei Geistern zu tun bekommt, gehört wohl neben der Geschichte um die Geburt Jesu aus dem Neuen Testament und neben "Hilfe, die Herdmanns kommen" von Barbara Robinson zu den bekanntesten Weihnachtsgeschichten. Interessant ist, dass die verschiedenen Umsetzungen der Geschichte von Charles Dickens in Deutschland unter sehr unterschiedlichen Namen zu finden ist. Der eigentliche Titel ("Ein Weihnachtslied" oder auch "Ein Weihnachtslied in Prosa") wird ziemlich selten verwendet. Meist ist einfach von der "Weihnachtsgeschichte" oder dem "Weihnachtsmärchen" die Rede, was zu einer interessanten Frage führt:
Ist Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte ein Märchen?
Es gibt einiges was dafür, allerdings auch vieles was dagegen spricht, und letztlich ist ja nicht nur die literaturwissenschaftlich korrekte Einordnung, sondern auch das subjektive Empfinden der Leser wichtig. Sicherlich hat "A Christmas Carol" viele Elemente des Kunstmärchens, die man auch bei Andersen findet: die Schilderung von Armut und Ungerechtigkeit erinnern an "Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern". Was allerdings so gar nicht märchentypisch ist, ist die Wandlung des Protagonisten vom Bösewicht zum Helden. Das Auftreten der Weihnachtsgeister kann man in die eine oder die andere Richtung deuten, allerdings sind Geister, die sich wie Konfrontationstherapeuten verhalten, auch nicht unbedingt märchentypisch. Auch ist das Dickens-Werk für ein Märchen zu umfänglich und in seinen Beschreibungen dem Sozialdrama näher als dem Märchen. Dennoch (und jetzt wird's unwissenschaftlich) fühlt sich die Geschichte für viele irgendwie wie ein Märchen an, und dies ist wohl einer der Gründe, warum sie oft "Weihnachtsmärchen" genannt wird. Letztlich spielt die literaturwissenschaftliche Einordnung auch nicht immer die Hauptrolle.
Hier nun einige Umsetzungen von "A Christmas Carol" im Vergleich:
Von Volker Kriegel, dem Jazzmusiker, Zeichner und Autor, stammt eine neuere und wunderbar illustrierte Fassung, die zunächst bei Heyne erschienen ist und im Oktober neu bei Eichborn erscheint. Titel: "Ein Weihnachtsmärchen" (Charles Dickens, Volker Kriegel)
Eine schöne Filmversion ist "Die Muppets Weihnachtsgeschichte", in der Michael Caine wunderbar die Rolle des Ebenezer Scrooge zum besten gibt. Die anderen Rollen werden zum Großteil von den Muppets gespielt. Kermit ist z.B. in der Rolle des Bob Cratchit zu sehen. Der Film schafft es, auf der einen Seite recht dicht am Original zu bleiben, und auf der anderen Seite doch etwas sehr Eigenes daraus zu machen, mit jeder Menge Muppet-Humor. Sicherlich gibt es noch viele weitere Film-Versionen, aber die der Muppets sticht aus der Menge deutlich hervor und soll daher die einzige sein, die an dieser Stelle erwähnt wird.
Mittlerweile sind auch unzählige Hörbuch-Versionen der Geschichte erhältlich: Peter Sodann, Joachim Krol, Wolfgang Thierse, Bodo Primus, uva. haben Dickens-Lesungen für unterschiedliche Hörbuch-Labels aufgenommen.
Im Bereich "Hörspiel" ist es etwas übersichtlicher. Da gibt es einmal "Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge" (Titania Medien), eine pompöse zweistündige Version der Geschichte mit vielen bekannten Stimmen. U.a. ist Christian Rode (deutsche Stimme von Christopher Lee) als Ebenezer Scrooge zu hören. Diese Hörspielfassung ist sehr gelungen und bietet wuchtigen Sound, pures Kino für die Ohren, allerdings eher für die Ohren von erwachsenen Hörern, denn die zweistündige Fassung ist für Kinder etwas zu komplex.
Eine Hörspiel-Fassung, die den märchenhaften Anteil der Geschichte hervorhebt und gleichzeitig die Komplexität der Geschichte reduziert, um sie für Kinderohren hörbar zu machen ist die knapp 33-minütige des Labels HoerSketch. Die CD ist unter dem Titel "Charles Dickens' Weihnachtsmärchen und andere Geschichten" (Charles Dickens, Christian Peitz) erschienen. Neben der sprachlich sehr klaren und von Oliver Geister mit wunderbarer Musik ausgestatteten Dickens-Geschichte finden sich auf dieser CD noch vier weitere Kurzhörspiele, die Kindern und Erwachsenen viel Spaß in der Weihnachtszeit bringen.