"Schneewittchen" ist nach einer aktuellen Umfrage das in Deutschland beliebteste Märchen. Das Mädchen, das "so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz" ist, wurde in alten Versionen der Grimm-Sammlung auch "Sneewittchen" (1812) oder "Schneeweißchen" genannt. Bekannt wurde das Märchen auch durch den Spruch der bösen Stiefmutter "Spieglein, Spieglein an der Wand / wer ist die Schönste im ganzen Land". Dies geht scheinbar auf Musäus zurück, der in seinem Märchen "Richhilde" (1782) ebenfalls einen Zauberspiegel beschreibt. Richhilde, eine junge, schöne Witwe, sagt zu ihm den Spruch: "Spiegel blink, Spiegel blank / Goldener Spiegel an der Wand / Zeig mir die schönste Dirn in Brabant." Das Märchen "Schneewittchen" ist sehr bildhaft und wurde sehr häufig illustriert. Und auch der Film entdeckte das Märchen recht früh. 1907 und 1917 wurden Kurzfilme gedreht, in denen Kinder als Zwerge auftraten. 1928 und 1939 gab es bereits Tonfilm-Fassungen. Viele weitere Verfilmungen sollten folgen.
Im Jahr 1937, an Weihnachten, hatte Walt Disneys "Schneewittchen und die sieben Zwerge" Premiere. Das Besondere: Es war Disneys erster abendfüllender Zeichentrickfilm, und er sollte einen Stil prägen, dem Disney jahrzehntelang treu blieb, den Musical-Zeichentrickfilm. Disneys "Schneewittchen" ist ein farbenfroher, charmanter, wenn auch hier und da etwas naiver Film. Tiere und Zwerge sind kulleräugig und süßlich, und Schneewittchen selbst singt zu ihrer Beruhigung kitschige Lieder. Ein Highlight des Films ist sicherlich die böse Königin, die in ihrem Hexenlabor gruselige Verwandlungsszenen hat. Auch nach mehr als sieben Jahrzehnten weiß der Film noch zu überzeugen. Einige Szenen haben geradezu klassischen Charakter und wurden oft kopiert und parodiert. Aktuell ist eine neue DVD-Fassung des Films erschienen. Ton und Farben überzeugen, und es gibt allehand interessante Extras.
Interessant ist die Frage, ob dieser Film überhaupt noch ein Märchen ist. Aber diese Frage bezieht sich generell auf Märchenverfilmungen. Durch die Ausgestaltung der Szenen, durch Musik und neue Nebenfiguren verliert die Geschichte ihren märchenhaften Charakter. Märchen und Film sind Formen, die nach unterschiedlichen und einander widersprechenden Regeln funktionieren. Somit ist Walt Disneys "Schneewittchen und die sieben Zwerge" zwar kein Märchen, aber ein ungemein sehenswerter Zeichentrickfilm, an dem, wie bei Disney üblich, Kinder und Erwachsene gleichermaßen ihre Freude haben können.