Fernán Caballero (1796-1877) hieß mit bürgerlichem Namen Cecilia Francisca Josefa Böhl de Faber y Larrea. Ihr Leben war sehr bewegt: Sie wurde geboren in der Schweiz, und nach der Trennung der Eltern ist sie beim Vater in Hamburg aufgewachsen, wo sie schließlich ein französisches Mädchenpensionat besuchte. 1811 kam die Familie wieder zusammen und zog nach Spanien, genauer nach Cádiz (Andalusien). Fernán Caballero war dreimal verheiratet, alle drei Männer starben. Der letzte beging nach vielen gescheiterten Geldgeschäften Selbstmord. Fernán Caballero fing erst spät mit dem Schreiben an. Man geht davon aus, dass ihr dritter Mann sie dazu ermutigt hat, diesem Interesse nachzugehen. Ihr erster Roman erschien 1849. Die Schriftstellerei bedeutete für sie Trost und Zuflucht. Mit Märchen allerdings beschäftigte sie sich wenig. Zwar gilt sie als erste und sehr wichtige Märchensammlerin, doch schrieb sie eher Romane.
Märchen wurden in Spanien vergleichsweise spät aufgeschrieben. Die Brüder Grimm, die auch über den Tellerrand Deutschlands nach Märchen forschten, kannten bis kurz vor ihrem Tod keine spanischen (und auch keine portugiesischen) Märchen. Fernán Caballeros Sammlung trug den Titel "Andalusische Volksmärchen und Volkslieder" und wurde 1862 ins Deutsche übersetzt. Die spanischen Volksmärchen gelten als wenig einzigartig. Abgesehen von Zitronen- und Olivenbäumen, die hier und da erwähnt werden, und auch von der Vorliebe für Esel als Reittiere, gibt es kaum Besonderheiten. Auch sucht man vergeblich nach dem spanischen Märchen-Klassiker. In spanischen Volksmärchen finden sich vor allem Motive wieder, die in Volksmärchen anderer europäischer Länder und in orientalischen Märchen auftauchen. Sicherlich sind sie dennoch interessant zu lesen, aber im Vergleich zu Volksmärchen aus anderen Ländern bleibt wenig Besonderes hängen.